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Was bin ich wert?
Die Recherche 

Unter den Wörtern, die die Menschen in der Corona-Pandemie kennengelernt haben, ist die «Triage». Der Begriff bezeichnete dabei meist den durch Ärztinnen zu fällenden Entscheid, welchem

Patienten – zum Beispiel bei knapper Bettenzahl auf der Intensivstation – der Vorzug zu geben sei, welche Patientin eine bessere Überlebenschance oder eine höhere Lebenserwartung

hat. Das neue Wort machte den Menschen klar, dass ihr Wert berechen- und ihre Würde antastbar ist.
 

Diese Tatsache inspirierte das Theater Aeternam zu dieser Recherche. Die drei Ensemblemitglieder Franziska Bachmann, Christoph Fellmann und Marco Sieber ermittelten, wer von

ihnen das wertvollste Mitglied der Gruppe und damit der Gesellschaft ist. In einer einjährigen Recherche haben sie Wissen und Daten gesammelt. Sie haben herausgefunden, nach welchen Kriterien und Methoden der Wert des Menschen berechnet wird, und wie hoch demnach ihr eigener Wert ist. Daraus entwickeln sie die Gameshow «Was bin ich wert?», in der sie gegeneinander antreten und eine Siegerin oder einen Sieger ermitteln werden. Die Show wurde am 17. April 2024 im Luzerner Kleintheater uraufgeführt.

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Die Recherche

Jörn Klare hat uns als Experte durch die gesamte Recherche und Produktion begleitet.
Er ist Autor des Buches «Was bin ich wert - eine Preisermittlung».

Der Materialwert des Menschen ist nicht hoch – knapp 10 Franken pro Kilo bekäme man für die chemischen Bauteile, aus denen so ein menschlicher Körper aufgebaut ist. Aber das ist natürlich nicht der Wert, der einem Menschen oder einem Menschenleben in einer kapitalistisch organisierten Gesellschaft zugesprochen wird. Der Wert des Menschen wird ständig und immer wieder anders berechnet – von Banken, Spitälern, Versicherungen, Krankenkassen, Datenkonzernen, Personalabteilungen, Sklaven- und Frauenhändlern, Organhändlerinnen, Social-Media-Plattformen und sogar von Freundeskreisen.

Jeder Mensch ist Humankapital. Menschen haben Organe, Männer haben Samen, die sie verkaufen könnten. Menschliche Internetaktivitäten generieren Daten, die gehandelt werden. Menschen haben Besitz und Vermögen. Sie haben Steuer- und Kaufkraft, sie haben Bonität. Menschen können eine Lebens- oder eine Krankentaggeldversicherung abschliessen und müssen dafür eine bestimmte Prämie bezahlen. Menschen haben je nach Alter, Beruf usw. einen anderen, bestimmten Wert auf dem Arbeitsmarkt. Und für jeden Menschen lässt sich ausrechnen, wieviel jedes seiner weiteren Lebensjahre wert ist. Was in dem Moment eine wichtige Rolle spielt, sobald dieser Mensch hohe Gesundheitskosten verursacht. Jeder Mensch könnte seine Erscheinung gemäss dem geltenden Schönheitsideal korrigieren lassen. Er bekäme dafür die entsprechende Rechnung präsentiert, hätte dafür auf dem Liebesmarkt einen neuen, besseren Wert.
 

Alle diese Tatsachen sind mehr oder weniger bekannt und werden im Alltag trotzdem mehr oder weniger verdrängt. In einer Gesellschaft, in der man schon als Kind lernt, besser nicht über Geld zu reden, vergleichen die Wenigsten ihre Versicherungskosten mit denen der Nachbarn oder Bekannten. Die Wenigsten haben eine realistische Vorstellung von ihrem Wert auf dem Arbeitsmarkt oder von ihren Chancen auf der voll belegten Intensivstation.

Humankapital: Künftige Wertschöpfung

Berechnet wurde die künftige Wertschöpfung der Kandidat:innen, bzw. wieviel jedes ihrer weiteren Lebensjahre wert ist.

Expertise: Ernst von Kimakowitz, Institut für Sozialethik, Uni Luzern

Humankapital II: Gesellschaftliche Kosten

Berechnet wurde, wie hohe gesellschaftliche Kosten die Kandidat:innen in ihrem Leben verursacht haben

Expertise: Ernst von Kimakowitz, Institut für Sozialethik, Uni Luzern

Fallstudie Marktwert (Produktion)

In einer fiktiven, aber realistisch angelegten Fallstudie bewarben sich die Kandidat:innen um die Intendanz des Luzerner Kleintheaters: Wer bekommt den Job?

Expertise: Barbara Ellenberger, Basel, und Lisa Bachmann, Luzern.
Beide waren direkt involviert bei der letzten Neu-besetzung der Intendanz im Kleintheater.

Marktwert: Castings (Schauspiel)

Die Kandidat:innen meldeten sich an bei den bekannten Online-Castingagenturen alleinheit und atelier229. Diese vermitteln Foto- und Werbeshootings, aber auch Film- und Fernsehrollen. Wer

bekommt am meisten Anfragen?

Expertise: Corinna Glaus, Glaus & Gut Casting, Zürich; Wolfgang Beuschel, Kulturmarkt Zürich

Schönheits- und Liebesmarkt

Wieviel kostet es, sein Gesicht dem aktuellen Schönheitsideal anzupassen? Die Kandidat:innenhaben eine Offerte erstellen lassen.

Expertise: Ein Schönheitschirurg der anonym bleiben möchte.

Fallstudie Liebesmarkt

Die drei Kandidat:innen eröffneten ein Profil auf der Dating-App Bumble. In einem Versuch wurde ermittelt, wer an einem bestimmten Wochenende am meisten Datinganfragen erhielt. 

Expertise: Bumble

Fallstudie Triage

Fiktives Fallbeispiel: Bei einem Hausbrand werden die drei Kandidat:innen mit den gleichen Symptomen (Atemnot) aus dem Haus getragen. Eine Augenzeugin gibt dem Notarzt einige wenige

Informationen über die Lebensumstände der drei. Wer bekommt die einzige Atemmaske, die bereits vor Ort ist?

Expertise: Dominik Utiger, Haus- und Notfallarzt in Bergün; ehem. Leiter Hirslandenklinik Luzern

Gesundheitsökonomie I: Versicherung

Die drei Kandidat:innen bewarben sich für eine Invalidenversicherung (Monatsrente: 3000 Fr.): Wer bezahlt am wenigsten dafür?

Expertise: Zürich Versicherungen, Agentur Sursee; Stefan Schürch, Agenturleiter

Gesundheitsökonomie II: Qualitätsjustierte Lebensjahre

Mit sogenannten Qualys wird ermittelt, ob sich bestimmte Operationen für bestimmte Patient:innen noch lohnen. Dabei spielt natürlich das Alter eine Rolle, aber auch Vorerkrankungen sind entscheidend. Die Kandidat:innen liessen ihren individuellen Qualy berechnen.

Expertise: Konstantin Beck, Uni Luzern

Markenwert

Im Zeitalter von Social Media haben Menschen auch einen Markenwert. Wir ermittelten ihn anhand unserer Follower-Zahlen auf Instagram und grundierten das Resultat in einem Fachinterview.

Expertise: Fabian Plüss, Agentur Kingfluencer, Zürich

Fallstudie Markenwert

Die Kandidat:innen erstellten für sich einen Wikipedia-Eintrag. Wer ist bedeutend genug für die internationale Wissensgemeinde und wurde nicht gleich wieder gelöscht?

Expertise: Wikipedia-Community

Fallstudie Bonität

Die Kandidat:innen bewarben sich in einem Bieterverfahren für das Haus an der Büelmatt 1 in Sempach. Wer hat die beste Bonität und bekommt also den vorteilhaftesten Kredit?

Expertise: Roland Stöckli, Luzerner Kantonalbank, Filiale Sempach

Fallstudie Customer Lifetime Value

Der CLV berechnet, wieviel ein:e bestimmte:r Kund:in einem Unternehmen in ihrer/seiner restlichen Lebenszeit noch einbringt. Der CLV entscheidet über individuelle Rabatte, die man angeboten bekommt, oder über die Zeit, die man in der Warteschlaufe der Hotline verbringen muss.

Expertise: Ernst von Kimakowitz, Uni Luzern

Fussabdruck

Menschen verursachen auch Allgemeinkosten, zum Beispiel durch ihren individuellen Beitrag zur Umweltzerstörung. Die Kandidat:innen massen darum auf verschiedenen Plattformen und Tools ihren ökologischen Fussabdruck. Wer am wenigsten Kosten verursacht, gewinnt.

Expertise: div. Fussabdruckrechner

Resilienz

Wer überlebt die Apokalypse? Ein prominenter Prepper hat die Survival Skills der Kandidat:innen analysiert.

Expertise: Gion Saluz, Survivaltrainer, Uster

Fallstudie Besitz

Wieviel ist der Besitz der Kandidat:innen wert? In einer Fallstudie ermittelte ein Luzerner Altwarenhändler den Wiederverkaufswert des jeweiligen Hausrats.

Expertise: Christos Paravalos, altwarenhandel.ch

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